Meine Ausbildung zur PAFA – Erfahrungsbericht

Vorauszuschicken ist, dass mein Weg zur Ausbildung und auch danach sicherlich alles, nur nicht „normal“ war. Aber der Reihe nach:

Vor der Ausbildung

Ursprünglich hatte ich nach dem Abitur andere Pläne im Kopf und zunächst 5 Semester Asienwissenschaften an der Universität Bonn mit den Sprachen Chinesisch und Mongolisch und Ost- und Zentralasien als geschichtliche Schwerpunkte studiert. Dann kamen die Studiengebühren und der Traum, Karakorum in der Mongolei auszubuddeln, zerplatzte wie eine Seifenblase. Die Enttäuschung war groß und ich hatte zunächst keine Ahnung was ich nun mit meinem Leben anfangen soll. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich auch noch nicht erahnen, dass insbesondere mein Wissen um China und seine Gepflogenheiten in meiner späteren Berufslaufbahn so manche geschäftliche Korrespondenz mit chinesischen Kollegen erleichtern würde.

Zur Ausbildung selbst kam ich mehr durch Zufall, denn durch gezieltes Aussuchen. Eines schönen Nachmittages hielt mir meine Mutter den Kölner Stadtanzeiger unter die Nase und sagte: „Schau dir das mal an, das könnte was für dich sein.“ Auszubildende zur Patentanwaltsfachangestellten gesucht. Patentanwaltsfachangestellte, was auch immer das ist, irgendwas Juristisches wird’s schon sein, passt also! Erst als nach ca. vier Wochen die Einladung zum Vorstellungsgespräch kam, habe ich mich mit dem Berufsbild auf der Seite der Jobbörse etwas genauer auseinandergesetzt und wusste hinterher genauso viel wie vorher. Im Vorstellungsgespräch wurde ich auch gefragt, ob ich denn wüsste, was es mit dem Beruf auf sich hätte und ich gab eine ehrliche Antwort: Nein! Das was ich gelesen hatte, gab mir so gut wie keinen Aufschluss darüber, was im Einzelnen wirklich von mir erwartet würde und das habe ich auch ehrlich kommuniziert. Wenn wir an dieser Stelle alle aufrichtig sind, hatten die wenigsten von uns wirklich auf dem Schirm, was da auf uns zukommt, als wir den Ausbildungsvertrag unterzeichnet haben. Die meisten, die ich bisher zu unterschiedlichen Gelegenheiten dazu befragen konnte, sind „irgendwie“ in den Beruf reingerutscht.

Da bis zum Ausbildungsbeginn noch etwas Zeit war, wurde diese mit einem Praktikum überbrückt. Im Nachhinein betrachtet eine gute Idee, denn so konnte ich sehr schnell feststellen, dass Schreibtischtäterei doch nicht so schlecht ist, ich mit diesen ganzen komischen Begriffen und den vielen unterschiedlichen Fristen gut zurechtkomme und ich vor allem viel Kontakt in den asiatischen Raum und nach Übersee hatte. Zwar keine verschollene Stadt im Wüstensand, aber ich will nicht pingelig sein.

Während der Ausbildung

Fairerweise muss ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich mit meiner Ausbildungskanzlei wirklich einen Glücksgriff gelandet und nicht nur in der Theorie an der Berufsschule Marken- und Designrecht kennengelernt hatte, sondern auch intensiv in der Praxis. Ein Umstand, der mich bis heute geprägt und für eine gewisse Liebe zu der Thematik gesorgt hat.

Meine Ausbildung verlief in allen Bereichen sehr strukturiert und es wurde sich im Allgemeinen an meinen Ausbildungsplan gehalten. Ich durfte bald eigene kleine Aufgabenfelder (z.B. das Versenden und Verwalten von Vollmachten, eigenständige Vorbereitung von Designanmeldungen etc.) eigenverantwortlich betreuen. Ein Umstand, der sehr schnell zu viel Selbstständigkeit in der Arbeitsweise geführt hat. Mir wurden sogar zwei Fortbildungen ermöglicht. Eine direkt als Einstieg um eine Basis zu legen und eine weitere im Verlauf der Ausbildung. Keine Selbstverständlichkeit, wie ich erst viel später erfahren habe (Danke Herr Björn Schulz, für Ihren Einsatz!). Außerdem hat mein Ausbilder versucht, dass er zumindest zwei Mal im Monat eine Stunde Zeit für mich hat, damit ich ihm Fragen stellen und wir die Themen des Fachkundeunterrichts inhaltlich aufarbeiten konnten, sofern Bedarf bestand.

Als ich dann etwa ein dreiviertel Jahr vor der Abschlussprüfung feststellte, dass mir gewisse Praxis zu Themen fehlt, habe ich dies aktiv angesprochen und mir wurde von den Sach- oder Mitarbeitern in Form von Aufgabenzuteilungen geholfen.

Denkt immer daran: Sprechenden Menschen kann geholfen werden! Wenn Ihr Wissensdefizite bei Euch feststellt, geht proaktiv auf Eure Ausbilder/innen oder Kolleginnen und Kollegen und auch auf die Patentanwälte zu und kommuniziert es. Ein guter Arbeitgeber wird Euch zur Seite stehen und Euch helfen, das fehlende Wissen zu erarbeiten und Lücken zu schließen.

Ein weiterer Punkt, den ich positiv erwähnen möchte, ist die Förderung für meine Zeit nach der Ausbildung. Mein ausbildender Patentanwalt hat mich auf den Fernstudiengang „Gewerblicher Rechtsschutz I+II“ der Fernuni Hagen aufmerksam gemacht. Diesen habe ich etwa 6 Monate nach der PaFa-Prüfung im September 2009 abgeschlossen. Heute wird dieser Studiengang von der IP for IP GmbH als „Fernstudium Gewerblicher Rechtsschutz“ angeboten.

Die erste Zeit nach der Ausbildung

Hier ist Euer Bauchgefühl gefragt. Ich persönlich habe mich dafür entschieden, es wie die Handwerker zu tun, und mich auf meine persönliche „Walz“ begeben. In diversen Kanzleien habe ich mir buchstäblich den Wind um die Nase wehen lassen und habe alles praktische Wissen mitgenommen, dessen ich habhaft werden konnte. Es war mir ein Anliegen, dass ich in den ersten Jahren meiner Berufstätigkeit unterschiedliche Arbeitsweisen und Arbeitsmodelle kennenlernen konnte, damit ich für mich in der Lage bin herauszufiltern, welches Modell und welche Weise zu mir passt. Zwei Fehlgriffe in diesem Prozess verbuche ich heute unter Lebenserfahrung. Dieser Weg ist sicherlich nicht für jeden geeignet, aber er hat ebenso seine Daseinsberechtigung, wie die 40-jährige Betriebszugehörigkeit zu einem Unternehmen.

Resümee nach 11 Jahren im Beruf

Würde ich die Ausbildung zur PAFA mit dem Wissen von heute nochmal in Angriff nehmen? Ich denke ja. Die Ausbildung und auch die Berufsausübung mit all den verschiedenen Stationen haben mir ein Rüstzeug und eine Selbstständigkeit an die Hand gegeben, das/die ich auf andere Weise wohl nicht erlangt hätte. Je tiefer man in die Materie eintaucht, umso leichter fällt es einem beispielsweise, die komplexen Zusammenhänge zu entwirren und eigenständig Strategien für Mandanten zu entwickeln.

Ferner bietet das Berufsfeld des gewerblichen Rechtsschutzes viele Fortbildungen und Entwicklungsmöglichkeiten. Diese alle aufzuzählen würde hier den Rahmen sprengen. Ich für meinen Teil habe im April dieses Jahres (2020) mein Hochschulzertifikat für Innovationsmanagement erhalten und konzentriere mich jetzt auf den Master of Business Administration (Projekt- und Prozessmanagement).

Tipps und Tricks – Erlaubt ist, was gefällt, und Fehlervermeidung!

  • Traut Euch! Wagt den Sprung in diesen Ausbildungsberuf. Es tut nicht weh und wenn man sich darauf einlässt, ist die Thematik nicht halb so trocken, wie es oberflächlich betrachtet vielleicht den Anschein hat-
  • Schränkt Euch nicht selbst ein! Ihr habt die Chance, auch in der Marken- und Designabteilung zu arbeiten oder einen Teil Eurer Ausbildung dort zu machen? Go for it! Ja, es heißt PATENTanwaltsfachangestellte. Der Ausbildungsberuf umfasst aber nicht nur Patente, sondern auch Marken und Designs zu gleichen Teilen. Wenn Ihr Euch nur auf Patente beschränkt, beraubt Ihr Euch eventuell sogar selbst der Möglichkeit, in einem Teilgebiet Erfahrung zu sammeln, das Euch gefallen könnte.
  • Kanzleien und Patentabteilungen sind nicht die einzigen Arbeitgeber! Es gibt neben den üblichen Verdächtigen auch diverse andere Arbeitgeber, die durchaus Interesse und Verwendung für eine gut ausgebildete PAFA haben. Z.B. Recherchefirmen für gewerbliche Schutzrechte, Übersetzungsbüros, sonstige Zulieferer z.B. für Verlängerungs- oder Jahresgebühren.
  • Meine kleine Wohlfühlblase: Ihr habt die Ausbildung abgeschlossen, fühlt Euch angekommen und wohl in Eurem Unternehmen / Eurer Kanzlei und möchtet jetzt in Eurem zugeteilten Aufgabengebiet bis zur Rente arbeiten. Perfekt. Wenn das Euer Wunsch und Euer Ziel war: Herzlichen Glückwunsch! Und wenn dieser Zustand auch wirklich bis zu Eurer Rente anhält, umso besser! Trotzdem gilt:
  • Keine Angst vor Veränderung! Patent- und Markenrecht ist regelmäßig Anpassungen und Neuerungen unterworfen. Um dabei nicht den Überblick zu verlieren, sind regelmäßige Updates und Schulungen vonnöten und Abläufe müssen ggf. auch angepasst werden. Der Satz: „Das haben wir aber schon immer so gemacht!“ sollte einer PAFA daher nicht über die Lippen kommen.
  • Entwickelt Euch! Bildet Euch weiter. Es gibt viele kostenlose Webinare des EPA, des EUIPO, von Firmen und Kanzleien. Meldet Euch bei Xing und LinkedIn an und durchsucht die Weiterbildungsangebote. Meldet Euch zu Newslettern an und nehmt mit, was Ihr bekommen könnt. Ihr lernt viel in der Ausbildung, aber hinter dem Tellerrand ist ein ganzer Dschungel an Wissen und Möglichkeiten, wovon Ihr sicherlich noch nie gehört habt. Bereits während der Ausbildung stehen Euch alle Angebote im Internet offen. Scheut Euch nicht zuzugreifen!
  • Think big! Es treibt Euch und Ihr sammelt Fortbildungen, wie andere Briefmarken. Um der Frustration vorzubeugen, überlegt Euch, was Ihr beruflich in diesem oder vielleicht auch in einem anderen Bereich nach Eurer Ausbildung noch erreichen wollt. Ein (Fern-)Studium ohne Abitur durch berufliche Qualifikation ist heutzutage genauso möglich, wie über den zweiten oder dritten Bildungsweg das Abitur nachzuholen. Es gibt keine Grenzen, nur die, die Ihr Euch selbst setzt.

Fazit

Es ist irrelevant, ob Ihr den Beruf der Patentanwaltsfachangestellten als Sprungbrett oder als Endziel betrachtet. Wichtig ist, dass Ihr Euch traut, Euch darauf einzulassen. Die Branche braucht die treuen Seelen, die Querdenker, die Multitools und die auf der Durchreise gleichermaßen und sie bietet für jeden ein Aufgabengebiet und Entwicklungsmöglichkeiten.

In kaum einem anderen Ausbildungsberuf werdet Ihr mit so vielen Kulturen und Menschen unterschiedlicher Herkunft mit unterschiedlichsten Ausbildungsgraden national und international in Berührung kommen. Und auch in keinem anderen Ausbildungsberuf werdet Ihr so viel Englisch sprechen und schreiben müssen. Falls Ihr unsicher seid, ob PAFA ein Beruf für Euch ist, dann macht für drei oder vier Monate ein Praktikum und schnuppert in jede Abteilung rein. Praktisches Austesten ist nur selten ein schlechter Ratgeber.

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Frau Kathrin-Susann Jäck ist Patentanwaltsfachangestellte sowie Patent-, Marken- und Designreferentin.